Einführung einer Open Source Library Service Platform (LSP) für modulare IT-Services im Bibliotheksmanagement im Freistaat Sachsen
Die wissenschaftlichen Hochschulbibliotheken des Freistaat Sachsens befinden sich, dem internationalen Trend folgend, in einem starken Wandel. Das letzte Jahrzehnt war wesentlich von der rasch fortschreitenden Digitalisierung bestimmt. Die maßgeblichen Infrastrukturen für die Recherche, Verteilung und Nutzung von Information und Wissen sind heute digital. Der Mobilisierung der Publikationsmedien (mittels retrospektiver Digitalisierung bzw. born digital-Publikationen) folgt die Mobilisierung des Mediengebrauchs. Dieser Wandel ist verbunden mit veränderten Geschäftsabläufen in Bibliotheken, aber auch mit vollständig neuen Aufgabenfeldern. Der Auftrag der Informationsversorgung wird zudem zunehmend und in rasanter Geschwindigkeit um spezifische Serviceangebote aus dem Bereich Open Science erweitert. Diese beinhalten bereits heute die Verwaltung von Open-Access-Publikationsfonds und Offsetting-Modellen, Informationen über Text- und Data-Mining, aber auch die Verwaltung von Lizenzinformationen für digitale Objekte und deren Lebenszyklus. Kommende Aufgabengebiete sind bereits abzusehen; so werden Bibliotheken in naher Zukunft ihr Angebot in den Bereichen Forschungsinformation und Forschungsdaten weiter ausbauen und professionalisieren. Aber nicht nur der Wandel im Dienstleistungsspektrum stellt die Bibliotheken vor neue Herausforderungen. Auch der viel zitierte Wandel in der Arbeitswelt selbst erfordert neue Lösungen. In vielen Bereichen ist der Bedarf an Kollaboration, Kommunikation und Transparenz, z.B. in Hinblick auf Aufgabenverteilung und Entscheidungslinien, bereits heute maßgeblich.
Um in Zukunft flexibel auf neue Geschäftsbereiche, Erwerbungsmodelle, Prozesse und damit verbundene Anforderungen reagieren zu können, bedarf es einer grundsätzlich neuen Herangehensweise beim Einsatz bibliotheksspezifischer Managementsysteme (BMS). Zum einen ist es notwendig, die in die Jahre gekommenen, monolithisch aufgebauten und im Funktionsumfang abgeschlossenen Systeme zugunsten eines herstellerunabhängigen, quelloffenen, modular aufgebauten Systems abzulösen. In weiten Teilen der sächsischen Bibliotheks-IT hat sich der Einsatz von Open Source Software bereits bewährt. So profitieren zum Beispiel die Bereiche Metadatenmanagement, Discovery & Access oder Digitalisierung maßgeblich durch die Möglichkeit der selbstbestimmten und bedarfsgerechten Entwicklung von Softwarelösungen. Zum anderen besteht die Notwendigkeit, Eigenentwicklungen möglichst nachhaltig zu realisieren, was langfristig nur im Rahmen einer internationalen Bibliotheks- und Entwicklercommunity erfolgen kann.
Dieses Projekt begründet die erste Phase dieses Vorhabens. In einem ersten Schritt wird den wissenschaftlichen Hochschulbibliotheken des Freistaat Sachsens die zukunftsweisende, für Bibliotheksanwendungen spezialisierte Library Service Platform FOLIO für produktive Anwendungen bereitstellt. Auch wenn sich dieses System im Aufbau befindet, bietet es bereits heute alle notwendigen Eigenschaften für die nachhaltige Neuentwicklung bibliotheksspezifischer Softwareanwendungen. Der produktive Einsatz der FOLIO ERM Suite, an welcher die UB Leipzig im Rahmen eines EFREgeförderten Projekts mitwirkt, wird durch weitere vorhandene FOLIO Apps aus dem Bereich Erwerbung komplementiert. Erwerbungsgeschäftsgänge für elektronische Ressourcen sollen somit vollständig auf die FOLIO LSP umgestellt werden. In Zusammenarbeit mit der internationalen Community werden Anforderungen an die Verwaltung von Publikationsfonds, Offsetting-Modellen und Article Processing-Charges erhoben sowie die Realisierung entsprechender Apps fachlich begleitet und finanziert. Im Hinblick auf einen künftigen Einsatz von FOLIO als Bibliotheksmanagementsystem werden vorhandene Geschäftsabläufe analysiert, funktionale Lücken identifiziert sowie an der Weiterentwicklung von FOLIO im Sinne der sächsischen Anforderungen mitgewirkt.