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Neue Ausstellung in der Albertina: Spektakuläre Funde aus der historischen Büchersammlung der Annaberger Kirchenbibliothek

Nachricht vom 24. Mai 2023, veröffentlicht von der Stabsstelle Universitätskommunikation, Universität Leipzig

Die Kirchengemeinde Annaberg-Buchholz beherbergt eine historische Büchersammlung von außerordentlicher Bedeutung. Die Ursprünge der Sammlung reichen bis zur Gründungszeit der Stadt Annaberg im späten 15. Jahrhundert zurück, als in der Region bedeutende Silbervorkommen entdeckt wurden. Ein Projektteam der Universitätsbibliothek (UB) Leipzig hat in den vergangenen Jahren intensiv diese Sammlung erforscht und dabei einmalige Neufunde zur Kultur- und Literaturgeschichte gemacht. Die Sonderausstellung „BUCH AUF! Zu Tage geförderte Schätze aus der Annaberger Kirchenbibliothek“ in der Bibliotheca Albertina präsentiert vom 26. Mai bis 27. August 2023 bedeutsame Entdeckungen, rekonstruiert die frühen Büchersammlungen vor Ort und erzählt die Geschichte der Entstehung dieser Kirchenbibliothek in Annaberg.

Die neue Sonderausstellung „BUCH AUF! Zu Tage geförderte Schätze aus der Annaberger Kirchenbibliothek“ in der Bibliotheca Albertina nimmt ihre Besucher*innen mit auf eine Reise ins Annaberg des 15. und 16. Jahrhunderts, als das nahegelegene Silbervorkommen des Schreckenbergs entdeckt und abgebaut wurde. Gegründet im Jahr 1496 von Herzog Georg von Sachsen, beherbergt die Stadt außerdem eine umfangreiche Bibliothek, die „unter den Kirchenbibliotheken der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsens mit ihren rund 3.500 Titeln an Drucken und Handschriften heraussticht“, so Prof. Dr. Thomas Fuchs, einer der vier Ausstellungskurator*innen und Leiter des DFG-Projekts „Erschließung und Teildigitalisierung der Kirchenbibliothek Annaberg“ an der UB Leipzig.

Drei dieser Annaberger Titel sind besonders hervorzuheben und werden neu erschlossen der Öffentlichkeit präsentiert: Zunächst ist da das „Annaberger Predigtexempel“, eine Kurzerzählung in deutscher Sprache. Wann die Handschrift produziert wurde, die als Fragment entdeckt wurde, lässt sich an den Buchstabenformen erkennen – diese weisen in die Zeit um 1200. Aus dem heutigen Südsachsen und Ostthüringen, wie aus Gesamtsachsen, sei bislang kein so altes Zeugnis deutscher Literatur erhalten, so Dr. Christoph Mackert, Leiter des Handschriftenzentrums an der UB Leipzig und Mit-Kurator der Ausstellung. Der Annaberger Neufund sei mindestens ein halbes Jahrhundert älter als alles, was bislang an deutschsprachiger Literatur aus diesem Raum erhalten ist.

Dann die „Windberger Psalmen“: Sie sind eine Übersetzung des lateinischen Bibelbuchs der Psalmen, die wohl im letzten Viertel des 12. Jahrhunderts entstanden ist. Die nun entdeckten Fragmente geben wie das ‚Predigtexempel‘ einen Einblick in die Anfänge von deutschsprachiger Literatur im heutigen Südsachsen und Ostthüringen.

Schließlich „Der Papstesel“, der wohl zu den berühmtesten Holzschnitten des Lucas Cranach gehört und Abbildung eines Wesens ist, das aus Teilen verschiedener Tiere zusammengesetzt ist. Cranach schuf diesen Holzschnitt im Jahr 1523 für eine Streitschrift gegen das Papsttum von Philipp Melanchthon. Der Annaberger Fund ist einerseits ein selten erhaltenes Beispiel für die vorreformatorische Bildpublizistik, andererseits die lang gesuchte Bestätigung dafür, dass Cranach für seinen „Papstesel“ auf damals kursierende Flugblätter zurückgegriffen hat.

Die Entdeckungen sind damit zum Teil älter als die Annaberger Kirchenbibliothek selbst: Mit Gründung der Stadt wurde ab 1499 die imposante Stadtkirche St. Anna erbaut, die eine Bibliothek für die Geistlichen beherbergte. Fast zeitgleich wurde ein Franziskanerkloster gegründet, um die geistlichen Bedürfnisse der Bevölkerung zu versorgen. Die Franziskaner bauten eine umfangreiche Bibliothek auf, die nach der Einführung der Reformation und der damit einhergehenden Aufhebung des Klosters im Jahr 1540 in die Stadtkirche verlegt wurde. Weitere Sammlungen kamen in den darauffolgenden Jahrzehnten hinzu. Die Kirchenbibliothek von Annaberg ist damit beispielhaft für die prozesshafte Entstehungsgeschichte und heterogene Zusammensetzung einer solchen Sammlung und schon deshalb besonders, da sie bis heute in ihrer historischen Form nahezu geschlossen erhalten geblieben ist.

Durch intensive Zusammenarbeit und Förderung durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft, der Koordinierungsstelle für die Erhaltung des schriftlichen Kulturguts, der Landesstelle für Bestandserhaltung in Dresden und dem Förderverein Bibliotheca Albertina e. V. ist es nun möglich, die Schätze der Annaberger Kirchenbibliothek sowohl für die Wissenschaft als auch für die Öffentlichkeit zugänglich zu machen.

Der zur Ausstellung erscheinende Katalog „BUCH AUF! Zu Tage geförderte Schätze aus der Annaberger Kirchenbibliothek“ bietet nicht nur einen Einblick in die Geschichte der Annaberger Kirchenbibliothek, sondern präsentiert auf 120 Seiten herausragende Einzelstücke der Sammlung. Die intensive Untersuchung der Bücher durch das Projektteam der UB Leipzig verdeutlicht, wie es zur Entstehung einer so bedeutenden Kirchenbibliothek in Annaberg kommen konnte.

„BUCH AUF! Zu Tage geförderte Schätze aus der Annaberger Kirchenbibliothek“ ist ein erhellender Einblick in reformatorische Bibliothekssammlungen für sowohl geschichtsinteressierte Besucher*innen als auch Wissenschaftler*innen. Dr. Anne Lipp, Direktorin der UB Leipzig ist sich sicher: „Die Ausstellung gewährt einen einzigartigen Einblick in die reiche Kultur- und Buchgeschichte der Region und wird dazu beitragen, das kulturelle Erbe von Annaberg-Buchholz weiterhin zu bewahren und zu erforschen.“

Caroline Bergter

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